Nvidia ist einer der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Personal Computer, Server und Spielkonsolen. Ab dem Jahr 2016 folgten exorbitante Kursgewinne mit bis zu 3.900 Prozent. Nun hat die Nvidia Aktie innerhalb nur einem Jahr bis zu 60 Prozent an Kurswert verloren.
Das Geschäft mit den Grafikkarten leidet unter einem starken Nachfragerückgang. Die Bruttomarge ist von 66,7 auf 45,9 Prozent abgestürzt. Das Umsatzziel wurde im letzten Quartal klar verfehlt. Kann das Management den Abwärtstrend stoppen und wie hoch fällt das Renditepotential der Aktie aus? All das erfährst du in diesem Investor-Update.
Was gibt es Neues bei Nvidia?
Welche Ereignisse der letzten Monate haben den Aktienkurs von Nvidia bewegt und werden für den Erfolg der nächsten Quartale entscheidend sein? In diesem Investor-Update haben wir den aktuellen Earnings-Call und die News der letzten Monate analysiert.
Exportverbote belasten den Ausblick
Gegen Ende August erließ die US-Regierung neue Handelsbeschränkungen gegenüber China. So darf Nvidia einige seiner high-end GPU-Chips nicht ohne Genehmigung der US-Behörden nach China oder Hongkong exportieren. Die Maßnahme umfasst die künftigen H100- und A100-GPUs, die bald oder gerade erst auf dem Markt erschienen sind. Die US-Regierung begründete die Ausfuhrbeschränkungen mit dem Risiko, dass die Hochleistungs-GPUs von China für militärische Zwecke genutzt werden könnten und deshalb die nationale Sicherheit der USA gefährdeten. Das Management von Nvidia warnte umgehend, dass diese Restriktionen einen Umsatz von 400 Millionen USD gefährdet. Erst diese Woche berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, dass die Regierung um Joe Biden nun sogar eine Ausweitung der Ausfuhrbeschränkungen für Halbleiter und deren Komponenten plant.
Das jüngste Exportverbot zeigt eine Steigerung aller bisherigen US-Maßnahmen, die beispielsweise nur gegen einzelne chinesische Unternehmen abzielten. So wird seit 2019 der chinesische Technologiekonzern Huawei nicht mehr mit US-Halbleitern beliefert. Die neuste Maßnahme zielt hingegen auf die komplette chinesische Wirtschaft ab. Ein vollständiger Ausfuhrstopps von Chips wird den Umsatz von US-Halbleiterunternehmen mit hohem China-Anteil einbrechen lassen. Bei einem Konzernumsatz von knapp 30 Milliarden USD fällt das Umsatzrisiko bei Nvidia mit 400 Millionen USD jedoch eher moderat aus, obwohl Nvidia im letzten Geschäftsjahr 26 Prozent seines Umsatzes in China erwirtschaftete. Auch bei den Wettbewerbern AMD oder Intel steht China für ca. 25 Prozent aller Umsätze. Von politischen Spannungen ebenfalls betroffen ist die hohe Abhängigkeit von Taiwan, wo viele Nvidia-GPUs verbaut werden.
Ein Überangebot an Grafikkarten
Die Lagerbestände haben sich innerhalb von sechs Monaten um 49 Prozent auf 3,9 Milliarden USD erhöht. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Bestände gar um 84 Prozent gestiegen. Allein die Rohmaterialien haben sich fast verdoppelt. Zudem sitzt Nvidia auch auf einem Berg an fertigen Erzeugnissen, da die Nachfrage nach GPUs spürbar nachlässt, was am Umsatzrückgang des Segment Gaming zu erkennen ist. Das Management kündigte trotz der hohen Bestände an, den Absatz der Grafikkarten bewusst zurückzufahren, um die ebenfalls hohen Bestände der Händler zu reduzieren. Damit will Nvidia für seine neuen Produktgenerationen Platz im übersättigten Markt schaffen. Letztlich hat sich Nvidia verkalkuliert, da das Management den Wechsel vom Nachfrage- zum Angebotsüberhang nicht effizient ausgesteuert hat.
Aufgrund der hohen Bestände hat Nvidia insgesamt 570 Millionen USD der übergebliebenen Komponenten und Erzeugnisse als Lagerreserve in die Cost of Sales des letzten Quartals verbucht, was den starken Rückgang der Bruttomarge auf von 65,7 auf 45,9 Prozent erklärt. Dass nicht verkaufte Bestände und unverarbeitete Komponenten in die Cost of Sales von verkauften Produkten einfließen, habe ich bisher noch nicht von anderen Unternehmen noch nicht mitbekommen. Ohne diesen Sondereffekt wäre die Bruttomarge zwar auch deutlich gesunken, aber hätte immerhin noch 54,4 Prozent betragen.
Den Wandel vom einem Angebots- zu einem Nachfragemarkt zeigt sich auch in den Preisen für Grafikkarten. Noch im Q2 2021 betrug der Endverbraucherpreis für eine Grafikkarte im Schnitt 1.029 USD. Nun ist im Q2 2022 der durchschnittliche Verkaufspreis einer Grafikkarte auf 529 USD gefallen.
Flaute beim Krypto-Mining
Die gängigsten Krypto-Währungen wie Bitcoin oder Ethereum lassen sich nicht nur kaufen, sondern auch mit hochmoderner Rechenleistung selbst herstellen bzw. „schürfen“. Diesen Vorgang nennt man in der Fachsprache Mining. Das Mining lohnt sich vor allem beim Einsatz moderner, leistungsfähiger Grafikkarten. Eine Vielzahl von Minern greifen für die notwendige Rechenleistung auf leistungsstarke Grafikkarten von Nvidia zurück.
Die Kurse von Bitcoin und Ethereum sind seit November 2021 auf Sinkflug. Bitcoin und Ethereum haben in diesem Zeitraum rund 65 Prozent an Wert verloren. Umso niedriger der Wert einer Krypto-Währung, desto weniger lohnt sich das kostenintensive „schürfen“. Folglich nimmt auch die Nachfrage nach Grafikkarten für das Mining ab. Darüber hinaus hat das Mining von Ethereum durch die Umstellung von dem Proof-of-Work- auf das Proof-of-Stake-Verfahren ein baldiges Ende, wodurch die Nachfrage von Minern zusätzlich zurückgeht. Die Hash Rate von Ethereum, die die gesamte Rechenleistung für das Mining bemisst, ist bereits seit Juni 2022 rückläufig. Das Management weiß nicht, wie viel Umsatzrückgang im Segment Gaming dem Mining-Geschäft zuzurechnen ist und befindet sich hier im Blindflug.
„We are unable to accurately quantify the extent to which reduced crypto mining contributed to the decline in gaming demand.“, Colette Kress, CFO, Earnings Call Q2 2023
So läuft das operative Geschäft
Die zentralen Key Performance Indicators (Erfolgskennzahlen) für Nvidia sind der Umsatz, die Höhe der operativen Kosten, die Bruttomarge und der Gewinn pro Aktie (EPS). Vor den Neuigkeiten bei Nvidia beurteilen wir anhand dieser Erfolgskennzahlen, ob Nvidia zuletzt positiv überrascht oder enttäuscht hat.
Umsatz in Mrd. USD |
Operating Expenses in Mrd. USD |
Bruttomarge in % |
EPS in USD |
|
Ergebnis | 6.704 | 1.749 | 45,9% | 0,51 |
vs. Vorjahresquartal | 3,0% | 38,2% | -20,8 ppts. | -51,0% |
Schätzungen | 6.699 | 1.747 | 53,5% | 0,50 |
Surprise | 0% | 0% | -7,7 ppts. | 2,2% |
Der Umsatz ist im Vergleich zum Vorjahresquartal gemäß den Erwartungen um drei Prozent gestiegen. Allerdings erhöhten sich die operativen Kosten um 38 Prozent. Dieser Anstieg ist laut Management höheren Personal- und Entwicklungskosten sowie höheren Lagerbestände geschuldet. Aufgrund sinkender Verkaufspreise und höheren Cost of Sales fiel im Vergleich zum Vorjahr sehr deutlich die Bruttomarge von 66,7 auf 45,9 Prozent. Auch der Gewinn pro Aktie sank um die Hälfte auf nur 0,51 USD, lag aber dennoch nahe an den Erwartungen der Analysten.
Während das Produktsegment Data Center eine enorme Umsatzsteigerung in Höhe von 61 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal verzeichnet, ist das Produktsegment Gaming von 3,1 auf nur noch 2 Milliarden USD und damit um 33 Prozent gefallen. Das Segment kämpft gegen eine rückläufige Nachfrage nach Grafikkarten. Das Segment Data Center profitiert dagegen von dem anhaltenden Trend zur Cloud, denn die Rechenzentren benötigen hochleistungsfähige GPU-Lösungen von Nvidia. Das Wachstum des Cloud-Computing-Markts soll bis 2025 etwa 30 Prozent pro Jahr betragen. Ein weiterer Lichtblick ist das Segment Auto, welches mit Hardware für vernetzte und selbstfahrende Autos um 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen ist.
So blickt das Management in die Zukunft
Im abgelaufenen Quartal hat das Management die eigene Umsatzprognose klar verfehlt. Statt 8,1 Milliarden USD erreichte Nvidia nur einen Umsatz von 6,7 Milliarden USD. Für das nächste Quartal soll der Umsatz zwischen 5,8 bis 6,0 Milliarden USD liegen, was einem Umsatzrückgang von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht. Für das Segment Gaming werden weiterhin erhebliche Umsatzverluste erwartet. Die bereinigte Bruttomarge soll sich dagegen im Vergleich zum Vorquartal wieder von zuletzt 45,9 auf etwa 65,0 Prozent erholen, da Nvidia nun weniger Komponenten für die Produktion bei Auftragsfertigern kauft.
Der CEO betonte das schwierige makroökomische Umfeld. Die Händler von Grafikkarten verringern aufgrund der nachlassenden Nachfrage die Bestände. Das Gaming-Geschäft wird vermutlich noch für einige Quartale ein Klotz am Bein von Nvidia sein.
„We’re navigating our supply chain transitions in a challenging macro environment. In Gaming, our partners and ecosystem are responding to a sudden slowdown in consumer demand and correcting channel inventory. Still, the fundamentals of gaming are strong.“, Jensen Huang, CEO, Earnings Call Q2 2023
Ist die Nvidia Aktie günstig bewertet?
Die Dynamische Aktienbewertung des Aktienfinders ermittelt den fairen Wert der Nvidia Aktie und sagt aus, ob die Aktie gemessen an der historischen Bewertung aktuell über- oder unterbewertet ist. Im Aktienfinder kann der Fair Value auf den bilanzierten Gewinn, den bereinigten Gewinn, den operativen Cash-Flow, den Umsatz oder die Dividende berechnet werden. Welche Kennzahl für die Bewertung der Nvidia Aktie am besten geeignet ist, erfährst du im nachfolgenden Unterkapitel.
So wird die Nvidia Aktie bewertet
Für die Bewertung der Nvidia Aktie eignet sich der bereinigte Gewinn. Für die potenzielle Renditeerwartung wird die Bewertung der letzten fünf Geschäftsjahre herangezogen. So bewertete der Markt die Nvidia Aktie im Schnitt der letzten fünf Jahre mit einem fairen Wert von 36,5 auf Basis des bereinigten Gewinns. Auf den ersten Blick scheint die Nvidia Aktie bei dieser Herangehensweise leicht überbewertet zu sein, denn der Aktienkurs übersteigt den fairen Wert zum Ende des laufenden Geschäftsjahres.
So hoch ist das Renditepotenzial
Bei der Dynamischen Aktienbewertung der Nvidia Aktie habe ich mich aufgrund des Überangebots an GPUs entschieden, den durchschnittlichen fairen Wert des bereinigten Gewinns auf 30 manuell zu korrigieren. Bis zum Ende des Geschäftsjahres 2024 ergibt sich mit einem Kursziel von rund 135 USD, sofern die Gewinnprognosen der Analysten zutreffen, inklusive einer kleinen Dividende eine annualisiertes Verlustpotenzial von 4,4 Prozent.
Basierend auf der konservativen Bewertung ergibt sich für die nächsten Jahre die folgende jährliche durchschnittliche Renditeerwartung aus Kursgewinn plus einer kleinen Dividendenrendite in Höhe von 0,1 Prozent. Bei einem Kurs von 120 USD ist bis zum Ende des Geschäftsjahres 2024 ein Renditepotenzial von 9,5 Prozent pro Jahr zu erwarten. Setze ein Kauflimit im Aktienfinder, um den bei einem Rücksetzer den günstigen Einstieg nicht zu verpassen.
Kaufkurs | Erwartete Rendite p.a. bis 01/2023 |
Erwartete Rendite p.a. bis 01/2024 |
Erwartete Rendite p.a. bis 01/2025 |
120,00 | 6,8% | 9,5% | 13,1% |
125,00 | -1,2% | 6,7% | 11,9% |
130,00 | -9,3% | 3,9% | 10,7% |
135,00 | -17,3% | 1,2% | 9,5% |
140,00 | -25,4% | -1,6% | 8,3% |
145,00 | -33,4% | -4,4% | 7,1% |
150,00 | -41,5% | -7,1% | 5,9% |
155,00 | -49,5% | -9,9% | 4,7% |
160,00 | -57,6% | -12,7% | 3,5% |
165,00 | -65,6% | -15,5% | 2,3% |
So schneidet Nvidia in der Aktienfinder Scorecard ab
Die Aktienfinder Scorecard gibt die Attraktivität einer Aktie für die drei beliebtesten Anlagestrategien wieder. Bei der Dividendenertrags-Strategie setzt du auf hohe Dividenden von Anfang an, bei der Dividendenwachstums-Strategie auf dynamisches Dividendenwachstum und bei der Gewinnwachstums-Strategie auf hohe Kursgewinne. Während einige Aktien für mehrere Strategien geeignet sind, schneiden andere Aktien nur bei einer oder auch keiner Anlagestrategie gut ab. Allen Anlagestrategien ist gemein, dass sie auf Qualitätsaktien mit langfristigem Gewinnwachstum setzen. In diesem Artikel stellen wir die Aktienfinder Scorecard vor.
Die Nvidia Aktie ist für Fans hoher Kursgewinne interessant. Dank einer jährlichen Steigerung des Gewinns in Höhe von 32 Prozent auf fünf Jahre erreicht die Aktie einen hohen Score für die Gewinnwachstums-Strategie. Ob das starke Gewinnwachstum aus der jüngsten Vergangenheit sich kurzfristig fortsetzt, ist wegen der nachlassenden Nachfrage jedoch zu bezweifeln.
Fazit – Nvidia kann das Wachstum nicht halten
Das Management enttäuschte zuletzt mit einer Fehlprognose und das rasante Wachstum der letzten Jahre ist kurz- bis mittelfristig Vergangenheit. Auch das Segment Data Center wird die Umsatzverluste aus dem Gaming-Geschäft nicht vollends kompensieren.
Für mich ist die Nvidia Aktie aktuell kein Kauf. Eine Alternative ist ein Investment in AMD mit einem breiteren Portfolio, welches mit CPU-Chips über die Grafikkarten hinausgeht. Das Investor-Update zu AMD findest du hier.
Eine Antwort
Mit dieser Aktienbewertung total daneben gelegen, stand heute 23.03.2023 USD 264,68.