Das entspricht einer jährlichen Rendite inklusive Dividende von knapp 13 Prozent. Während des Corona-Crashs konnte die Deutsche Börse im ersten Halbjahr 2020 die Umsätze sogar um 17 Prozent steigern und die operative Marge konstant halten. Wie diese hervorragenden Zahlen zu erklären sind und ob die Deutsche Börse Aktie noch weiteres Kurspotential hat, erfährst du in dieser Aktienanalyse.
Deutsche Börse Aktie | |
Land | Deutschland |
Branche | Börse |
Isin | DE0005810055 |
Marktkapitalisierung | 29,1 Milliarden € |
Dividendenrendite | 1,9% |
Stabilität Dividende | 0,75 von max. 1.0 |
Stabilität Gewinn | 0,75 von max. 1.0 |
Das Geschäftsmodell: So verdient die Deutsche Börse Geld
Die Deutsche Börse ist in erster Linie als Betreiber überregional bedeutender Börsenplätze wie der Frankfurter Börse, Xetra oder Tradegate bekannt. Darüber hinaus wird mittlerweile die gesamte Wertschöpfungskette im Handel abgedeckt. Neben dem klassischen Transaktionsgeschäft liefert das Pre-Trading-Business den Kunden alle notwendigen Informationen im Vorfeld eines Handels, beispielsweise Analyse-Tools oder Indizes. Das Post-Trading-Business wiederum sorgt für eine reibungslose Abwicklung und Verwahrung der Wertpapiere. Dabei hat die Deutsche Börse ihr Geschäftsmodell auf neue Bereiche ausgedehnt, ohne jedoch das grundlegende Geschäftsmodell zu ändern. Die Deutsche Börse ist einer der größten Corona-Gewinner in Deutschland, weil sie, wie die großen Investmentbanken in den USA, in den letzten Monaten vom regen Handel profitiert hat. Darüber hinaus profitiert die Deutsche Börse in den letzten Jahren von der Verlagerung des Handels von OTC auf geregelte Märkte. OTC bedeutet „Over the Counter“ („über den Tresen“) und bezeichnet den außerbörslichen Handel von Wertpapieren.
Segmente im Pre-Trading Business
Das Segment Qontigo" beinhaltet das Analyse- und Indexgeschäft. Das Indexgeschäft umfasst hauptsächlich den Indexanbieter Stoxx Ltd, der 1998 gemeinsam mit der Schweizer Börse gegründet und 2015 vollständig übernommen wurde. Der bekannteste Index ist der "Euro Stoxx 50" als Dow Jones der Euro-Zone. Mit über 10.000 Indizes zählt Qontigo zu den größten Index-Anbietern weltweit. Zu Qontigo gehört auch Axioma, ein amerikanischer Anbieter von Risiko- und Portfoliolösungen, der 2019 übernommen wurde.
Mit 6,5 Prozent Anteil am Konzernumsatz ist Qontigo noch eher klein. Doch birgt gerade dieses Segment hohes Wachstumspotenzial, weil der Analysebedarf großer Datenmengen mit Hilfe von Technologien wie Artificial Intelligence oder Big Data rasch wächst.
Segmente im Trading & Clearing
Diese Segmente sind für den Großteil des Umsatzes verantwortlich.
Eurex
Die Eurex ist eine der größten Terminbörsen (Handel von Derivaten wie Optionen und Futures) der Welt mit ca. 2 Mrd. gehandelten Kontrakten (Aktien- und Zinsderivate) in 2019 (Quelle: Geschäftsbericht Deutsche Börse).
EEX
Die EEX ist eine der größten Rohstoff-/Energiebörsen der Welt, die 2011 übernommen wurde. Das starke Wachstum des Unternehmens, das durch die Deregulierung und den wachsenden Sektor der erneuerbaren Energien positiv beeinflusst wurde, hat die EEX zu einem starken Teil der Gruppe hinter Eurex und Clearstream gemacht.
Xetra
Die Xetra ist eine weithin bekannte elektronische Handelsplattform mit über 90 % Marktanteil im deutschen Aktienhandel.
360T
360T ist ein Ex-Fintech-Unternehmen für den Devisen-Handel, das 2015 übernommen wurde und zügig wächst. Das täglich abgewickelte Volumen stieg von durchschnittlich 55,3 Mrd. EUR in 2015 auf 82,5 Mrd. EUR in 2019 (Quelle: Geschäftsbericht Deutsche Börse).
Tradegate
Tradegate ist eine kleine, aber schnell wachsende elektronische Handelsplattform aus Berlin, die bei deutschen Privatkunden sehr beliebt ist. Das Tradegate ebenfalls eine große Erfolgsgeschichte ist, wird anhand der Entwicklung der Transaktionen von 3,2 Mio. in 2010 auf 18,1 Mio. im Jahr 2019 deutlich (Quelle: Wikipedia)
Segmente im Post-Trading
Clearstream ist für die Abwicklung und Verwahrung von Wertpapieren zuständig und mit durchschnittlich 11,5 Billionen Euro verwalteter Wertpapiere in 2019 (Quelle: Geschäftsbericht Deutsche Börse) einer der größten Akteure weltweit. Clearstream sorgt u.a. dafür, dass Dividendenzahlungen an die entsprechenden Aktienbesitzer zum Stichtag ausgezahlt werden.
Die folgende Grafik zeigt die Aufteilung der Nettoumsätze der einzelnen Geschäftsbereiche der Deutschen Börse.
So profitabel wächst die Deutsche Börse
Der Umsatz hat sich innerhalb der letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht. Dank parallel gestiegener operativer Margen und Aktienrückkäufen hat sich der Gewinn je Aktie im selben Zeitraum sogar mehr als verfünffacht.
Im Gegensatz zu vielen US-geführten Unternehmen geht die Steigerung des Gewinns je Aktie bezogen auf die letzten 10 Jahre nicht hauptsächlich auf die Aktienrückkäufe zurück. Zum Ende des Geschäftsjahres 2010 betrug die Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien 186,2 Millionen, zum Ende des Geschäftsjahres 2019 waren es 183,4 Millionen, also gerade 1,5 % weniger als 9 Jahre zuvor.
Für das zukünftige Wachstum tätigt die Deutsche Börse schon seit vielen Jahren gezielt kleinere und mittelgroße Übernahmen, um die einzelnen Geschäftsfelder auszubauen. Neben den wirtschaftlich sehr erfolgreichen Übernahmen wie Stoxx (2015), 360T (2015), EXX (2011) oder Tradegate (2009) hat die Deutsche Börse insbesondere in den letzten 2 Jahren zahlreiche Übernahmen im Ausland getätigt, um die Präsenz der verschiedenen Geschäftsbereiche weiter zu stärken:
- Axioma aus den USA zur Stärkung des Analytic-Geschäfts (Pre-Trading, 2019)
- Grexel Systems aus Finnland, eine Plattform zur Registrierung von Energie-Zertifikaten (Trading, 2018)
- Joint-Venture Spark Commodities aus Singapur als Lösungsanbieter für den Flüssiggashandel (Trading, 2019)
- Nasdaq Futures aus den USA, das Termingeschäft der Nasdaq (Trading, 2019)
- GTX aus den USA, eine Devisenhandelsplattform (Trading, 2018)
- UBS Fondcenter AG aus der Schweiz, eine B2B-Fondsplattform (Post-Trading, 2020)
- Swisscanto Funds Centre aus der Schweiz, ebenfalls eine B2B-Fondsplattform (Post-Trading, 2018)
- Ausmaq Ltd. aus Australien, ein Fondsdienstleister (Post-Trading, 2019)
Die Deutsche Börse im internationalen Wettbewerb
Werfen wir einen Blick auf die aktuelle Wettbewerbssituation. Wenn man sich die Zahlen für das Geschäftsjahr 2019 ansieht, schlägt sich die Deutsche Börse auf dem globalen Börsenhandelsmarkt besser als man erwarten könnte:
Unternehmen | Brutto-Umsatz | Netto-Gewinn | Marktkapitalisierung |
CME Group Inc. | 4.868 USD | 2.117 USD | 60.690 USD |
ICE Inc. | 6.547 USD | 1.960 USD | 53.547 USD |
HongKong Exchange | 2.120 USD | 1.221 USD | 59.786 USD |
Deutsche Börse AG | 3.813 USD | 1.191 USD | 36.708 USD |
LSE | 2.939 USD | 591 USD | 37.646 USD |
Nasdaq Inc. | 4.262 USD | 774 USD | 21.615 USD |
Cboe Exchange, Inc. | 2.496 USD | 373 USD | 10.360 USD |
Japan Exchange Group | 1.132 USD | 467 USD | 14.057 USD |
Euronext N.V. | 781 USD | 259 USD | 7.728 USD |
TMX Group | 596 USD | 184 USD | 5.802 USD |
Quelle: Geschäftsberichte 2019 | In Mio. US-Dollar |
Vergleichst du die Nettogewinne der großen Börsenunternehmen aus 2019, dann liegt die Deutsche Börse gleichauf mit der HongKong Exchange auf Platz 3, allerdings mit deutlichem Abstand zu den zwei Platzhirschen ICE und CME aus den USA. Mit einer Nettoumsatzrendite von 32% ist die Deutsche Börse ebenfalls auf einem Spitzenplatz und lässt namhafte Unternehmen wie Euronext, Nasdaq oder LSE deutlich hinter sich. Gleichzeitig dürfte die Deutsche Börse eines der profitabelsten Unternehmen ganz Deutschlands sein.
Die Betrachtung der Marktkapitalisierung zeigt ein ähnliches Bild. Allerdings ist die LSE aufgrund einer höheren Bewertung sogar noch etwas teurer als die Deutsche Börse. Generell kann man sagen, dass das Börsen- und Handelsgeschäft sehr profitabel ist, so dass der gesamte Sektor in den letzten Jahren eine sehr gute Investition war.
Ist die Deutsche Börse Aktie günstig bewertet?
Die Deutsche Börse Aktie ist unter Dividendenfans eher unbekannt. Dabei steigen die Dividenden kontinuierlich und ist die aktuelle Ausschüttung von 2,90 EUR immerhin für eine Rendite von ca. 2 Prozent gut. Allerdings fiel laut Dividenden-Turbo die Dividendenrendite in der Vergangenheit schon deutlich höher aus. Bis ins Jahr 2014 waren 4 Prozent Einstiegs-Dividende und mehr keine Seltenheit. Inklusive Sonderdividenden war die Dividendenrendite zeitweise sogar zweistellig.
Die in den letzten Jahren gesunkene Dividendenrendite liegt in erster Linie am stark gestiegenen Aktienkurs. Zudem war das Dividendenwachstum von 3,5 Prozent im jährlichen Mittel auf die letzten 10 Jahre eher bescheiden. Neben dem gestiegenen Aktienkurs kann man argumentieren, dass die Deutsche Börse das Geld lieber im Unternehmen lässt, um damit weiteres Wachstum, beispielsweise durch Zukäufe, zu finanzieren.
Das aktuelle KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von rund 22 auf Basis der erwarteten Gewinne im Geschäftsjahr 2022 deutet zwar nicht auf ein Schnäppchen hin, allerdings erscheint mir aufgrund der aktuellen Zinssituation und der Gewinndynamik der letzten Jahre dieses KGV absolut gerechtfertigt. Im Vergleich zu anderen, höher bewerteten deutschen Aktien (z.B. Infineon) und der Gewinnstärke in Zeiten von Corona, ist die Deutsche Börse relativ gesehen günstig. Betrachtet man Gewinne und Marktkapitalisierung der anderen Börsenbetreiber weiter oben, stellst du fest, dass kein Unternehmen ein KGV von unter 20 besitzt. Stattdessen werden teilweise KGVs jenseits von 30 oder gar 40 gezahlt.
Unter der Voraussetzung, dass wir die höhere Bewertung der Aktie innerhalb der letzten Jahre als Maßstab nehmen, zeigt die Dynamische Aktienbewertung, dass die aktuelle Kursentwicklung mit der prognostizierten Gewinnentwicklung im Einklang steht. Bei einem Fair Value von 180,28 EUR zum 31.12.2022 ergibt sich eine Rendite von 14,5 % zum Kurs vom 19.08.2020 (157,40 EUR).
Die große Schwachstelle
Die größte Schwachstelle der Deutsche Börse sehe ich in der schwachen Präsenz in Amerika und Asien. Trotz der zahlreichen oben genannten Übernahmen werden nur 12% der Umsätze in diesen beiden Regionen erzielt. Das ist ein großer Nachteil, da Asien ein Zukunftsmarkt und die USA weiterhin das Finanzzentrum Nummer Eins sind. Die schwache Positionierung in diesen Märkten ist die Folge ausgebliebener Fusionen mit anderen Börsen. Stets hat die Deutsche Börse in den letzten Jahren im Streben nach Fusionen oder großen Übernahmen den Kürzeren gezogen oder platzten fest geplante Fusionen der Deutsche Börse unter Gleichen mit Euronext, LSE oder NYSE in letzter Minute. Die Übernahme der Warrant-Börse ISE in den USA wurde wieder rückgängig gemacht. Für den hiesigen Arbeitsmarkt war es das Scheitern der Großfusionen allerdings ein Segen, weil Zusammenschlüsse regelmäßig zu Arbeitsplatzabbau und Standortverlagerungen führen.
Das Erzielen von Skaleneffekten und der Ausbau der internationale Präsenz in großem Stil ist aber nur so zu erreichen. Das sind einige der großen Übernahmen der letzten Jahre:
Übernahmeziel | Käufer |
Madrid | SIX (Swiss) |
Mailand | LSE (London) |
Oslo Stock Exchange | Euronext |
OMX (Nordic) | Nasdaq |
NEX Group | CME |
Irish Stock Exchange | Euronext |
Fazit: Die Deutsche Börse Aktie ist für mich ein Kauf
Trotz der schwachen Positionierung außerhalb Europas halte ich die Deutsche Börse Aktie für langfristig erfolgversprechend. Das Geschäftsmodell ist hochprofitabel bei geringen Risiken und darüber hinaus sogar weitgehend krisenresistent, was der Aktie in Zeiten eines wirtschaftlichen Unsicherheit entgegen kommt. Zudem erfreut sich die Deutsche Börse einer starken Marktstellung in vielen Geschäftsfeldern innerhalb Europas. In den USA und Asien ist die Deutsche Börse zwar noch schwach aufgestellt, doch im Umkehrschluss birgt dies noch eine Menge Potential. Falls du ein Schnäppchen suchst, liegst du bei der Deutsche Börse Aktie allerdings falsch. Auf der anderen Seite spiegelt das hohe KGV das hohe Vertrauen der Kapitalmärkte in die Aktie wider. Zudem werden derzeit die KGVs von Qualitätsaktien durch das Niedrigzinsumfeld in die Höhe getrieben.
Eine Antwort
Hallo Patrick,
toller Einstand mit einer interessanten Aktie. Ich habe die Deutsche Börse nun auf meiner Watchlist. Tatsächlich ein Lichtblick! Ich freue mich auf die nächste Analyse.
LG!
Daniel