Der Kurs der Alibaba Aktie ist um 30 Prozent vom Allzeithoch gefallen. Das drohende Delisting der Alibaba Aktie in den USA sorgte für erste Sorgenfalten auf der Stirn. Es folgte der Paukenschlag des abgesagten Börsengangs der Ant Group durch die chinesische Regierung sowie eine Untersuchung wegen Marktmissbrauchs ebenfalls im Heimatland China. Und nun lässt die chinesische Regierung sogar verlauten, dass die Ant Group zwangskastriert werden soll.
Wie groß die Risiken für den Techgiganten tatsächlich sind ob und die jüngsten Kursverluste der Alibaba Aktie nur den Auftakt einer Kernschmelze an der Börse darstellen, erfährst du in dieser Aktienanalyse.
Drohendes Delisting der Alibaba Aktie in den USA
In den USA werden 217 chinesische Unternehmen mit ca. 2,2 Billionen USD Marktkapitalisierung gehandelt, wovon ca. ein Drittel der Marktkapitalisierung allein auf Alibaba fällt. In der Vergangenheit wurden chinesische Aktien wiederholt von Bilanzskandalen erschüttert, wie beispielsweise im Skandal um Luckin Coffee. Ein neues Gesetz, der Holding Foreign Companies Accountable Act (HFCA Act), soll einem ähnlichen Skandal vorbeugen und zudem verhindern, dass ausländische Staaten einen zu großen Einfluss auf die US-Wirtschaft nehmen.
Alibaba Aktie | |
Logo | |
Land | China |
Branche | Online-Handel |
Isin | US01609W1027 |
Marktkapitalisierung | 499,8 Milliarden € |
Aktienkurs | 182,07 € |
Dividendenrendite | - |
Stabilität Dividende | - |
Stabilität Gewinn | 0,93 von max. 1,0 |
Ein wichtiger Akteur des Gesetzes ist das Public Company Accounting Oversight Board (PCAOP). Das PCAOB stellt unter anderem sicher, dass bei ihr registrierte Wirtschaftsprüfer ihrer Arbeit nachkommen und verlässlich prüfen können. Für ausländische, in den USA gelistete Unternehmen, ist dies nicht immer der Fall. Beispielsweise kann die ausländische Regierung dem zu prüfenden Unternehmen verbieten, ausländischen Prüfern Einsicht in dessen Zahlenwerk zu geben.
Darüber hinaus soll das Gesetz verhindern, dass ausländische Staaten zu viel Einfluss auf die US-Wirtschaft nehmen. Deshalb muss das ausländische, in den USA börsennotierte Unternehmen, mitteilen, ob und wie groß die staatliche Beteiligung ist. Speziell auf China bezogen muss das chinesische Unternehmen mitteilen, welches Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder der Kommunistischen Partei Chinas angehören. Diese Forderung wird von China als diskriminierend angesehen.
Werden die Vorgaben des Gesetzes drei Jahre in Folge missachtet, ist das Delisting der betreffenden ausländischen Unternehmen von US-Börsen möglich. Dies könnte konkret die chinesischen Unternehmen betreffen, die in den USA über ADRs (American Depositary Receipts) gelistet sind. Die ADRs würden durch ein Delisting jedoch nicht ungültig, sondern könnten weiterhin außerbörslich (OTC-Markt) gehandelt werden. Allerdings wären höhere Spreads (Unterschied zwischen An- und Verkaufskurs) zu erwarten sowie eine einmalige Verkaufswelle bei Bekanntwerden des Delistings und in Folge entsprechenden Kursverluste. Da die Alibaba Aktie mittlerweile auch an der Börse Hong-Kong gehandelt wird, können Investoren dem Delisting entgehen und mögliche Kursverluste niedriger ausfallen.
Kastration der Ant Group
Wenig Tage vor dem größten Börsengang der Geschichte zog die Kommunistische Partei den Stecker. Es folgte eine Zeit des Rätselratens über die Hintergründe und vor allem Konsequenzen für die Ant Group und Alibaba, die mit einem Drittel an der Ant Group beteiligt sind. Nun ist klar, dass die Ant Group beschnitten werden soll, indem sie sich auf ihre Tätigkeit als Zahlungsdienstleister zurück zu besinnen und alle anderen Geschäftsfelder aufzugeben hat. Vermögensverwaltung, Versicherungen und vor allem die Kreditvergabe wären damit Geschichte und die so zurechtgestutzte Ant Group nur noch einen Bruchteil so viel wert wie zuvor.
Insbesondere die ebenso schnelle wie unbürokratische Kreditvergabe ist der Kommunistischen Partei ein Dorn im Auge. Zum einen bedeutet dies Kontrollverlust und zum anderen macht die Ant Group dem traditionellen, staatlich nahestehenden Bankgewerbe übermächtige Konkurrenz. Offiziell geht es den Schutz der Verbraucher und der Wirtschaft. Die unkontrollierte Kreditvergabe der Ant Group könne die chinesischen Mitbürger in die Schuldenfalle locken und massiver Zahlungsausfälle bei Kreditausfällen den Wohlstand des Volkes bedrohen, was beides vorgeschoben klingt.
Der Schaden für die Ant Group und Aliba ist groß. Der beim IPO anvisierte Börsenwert lag bei 313 Milliarden USD. Als reiner Zahlungsdienstleister wird die Ant Group nur noch einen Bruchteil dessen wert sein. Darüber hinaus ist fraglich, ob es überhaupt noch zu einem IPO kommt. Wer möchte schon in ein Rumpf-Unternehmen investieren, dass zudem auf der Abschussliste der Kommunistischen Partei steht? Wenigstens sind das Kerngeschäft von Alibaba, der Online-Handel sowie die Alibaba Cloud, nicht von dem Angriff auf die Ant Group bedroht. Doch auch der Alibabas Online-Handel wird seitens der Kommunistischen Partei angegangen.
Vorwurf des Marktmissbrauchs in China
Kurz nach dem Angriff auf die Ant Group wurde gegen Alibaba eine Untersuchung wegen Marktmissbrauchs eingeleitet. Inhaltlich geht es gegen die exklusive Bindung von Händlern an Alibabas E-Commerce-Plattformen. Händler werden vertraglich verpflichtet, ihre Waren nur auf Handelsplattformen von Alibaba anzubieten. Wer dagegen verstößt, muss mit Sanktionen seitens Alibaba rechnen, beispielsweise einer schlechteren Sichtbarkeit auf deren Webseiten oder sogar eines vollständigen Delistings der Produkte.
Der Vorwurf der chinesischen Regierung erinnert an das der Europäischen Kommission gegen Amazon. Auch hier steht der Verdacht des Marktmissbrauchs gegenüber Händlern im Raum. Untermauert wird dieser Verdacht durch Klagen der großen – aber im Vergleich zu Alibaba – kleinen Konkurrenten wie JD.com oder Pinduoduo, die bereits im Jahr 2017 gegen Alibaba Klage einreichten. Der Vorwurf erscheint demnach nicht unbegründet. Dennoch weckt das Timing den Verdacht, dass die chinesische Regierung es auf Alibaba abgesehen hat und ein Exempel statuieren möchte.
Ist die Alibaba Aktie nach dem Kurssturz ein Kauf?
Aus meiner Sicht ist der Online-Handel als Alibabas alleinige Cash-Cow trotz des Vorwurfs des Marktmissbrauchs nicht direkt bedroht. Ich erwarte auch keine direkte Belastung des operativen Geschäfts durch die wahrscheinliche Wertminderung der 33prozentigen Beteiligung an der Ant Group, deren Zahlen laut Geschäftsbericht 2020 (Seite 22) nicht in das Zahlenwerk der Alibaba Group konsolidiert werden. Es droht jedoch eine Abschreibung auf die Beteiligung an der Ant Group, falls sich die Wertminderung als nachhaltig herausstellen sollte.
Mit einem bereinigten KGV von 25 gegenüber einem durchschnittlichen KGV von 28,4 scheint die Alibaba Aktie nach dem jüngsten Kurssturz historisch betrachtet günstig bewertet zu sein. So liegt der faire Wert basierend auf den Schätzungen des laufenden Geschäftsjahres bei 288 USD und damit deutlich über dem aktuellen Kurs von 222 USD.
Allerdings ist noch unklar, welche Folgen das Zurechtstutzen der Ant Group sowie der Vorwurf des Marktmissbrauchs haben werden. Zudem droht zukünftiges Störfeuer der chinesischen Regierung die Situation weiter zu verschlimmern. Die hohen Unsicherheiten sollten durch einen Abschlag in der Bewertung berücksichtigt werden. Bei einem Abschlag von 30 Prozent verringert sich das historische KGV von 28,4 auf knapp 20 und der faire Wert entsprechend auf 200 USD, was die Alibaba Aktie bereits Anfang 2018 kostete.
Bei der Berechnung der Renditeerwartung kann ein zweiter Abschlag vorgenommen werden, indem beim erwarteten Aktienkurs nicht vom fairen Wert der Aktie für das prognostizierte Jahr 2023 ausgegangen wird, sondern von einem deutlich niedrigeren Wert (Endpunkt der rot gestrichelten Linie), der einen Rückgang der Prognosen simuliert. In diesem Fall käme ich auf eine erwartete Jahresrendite von 12,6 Prozent, in die nun gleich zweifach Risikoabschläge eingepreist sind.
Fazit: Alibaba Aktie - bis auf weiteres sehr riskant
Es heißt, politische Börsen hätten kurze Beine und die wahre Macht liege bei den Techgiganten, deren Marktkapitalisierung das Haushaltsbudget ganzer Industrienationen übersteigt. Doch der Fall Alibaba zeigt, was einem Techgiganten droht, wenn er ins Kreuzfeuer zweier Supermächte gerät. Es ist nicht auszuschließen, dass dieses Kreuzfeuer Jahre anhält. Wieviel Treffer die Alibaba Aktie bis dahin einstecken muss, lässt sich nur erahnen. Aus diesem Grund würde ich die Aktie nur mit einem ordentlichen Abschlag zur historischen Bewertung kaufen. Ich selbst habe Alibaba Aktien im Depot und halte derzeit noch an diesen fest. Da ich ein gut diversifiziertes Depot habe, ist die ein oder andere Risiko-Aktie in meinem Depot verkraftbar. Falls du nach Qualitätsaktien suchst, um dein eigenes Depot abzusichern, wirst du im beliebtesten Aktienfinder Deutschlands garantiert fündig werden.
7 Antworten
Charlie Munger hat seine Position nun auch verdoppelt. So langsam wird Alibaba für 120€ wieder interessant. Ein vorsichtiges Einsteigen kann somit aktuell Sinn machen.
Ja, stimmt. Er hatte mich angerufen, nachdem er den Artikel hat übersetzen lassen und gelesen hat. Ich meinte, er könne sein Glück gerne probieren. Falls du auch in Alibaba investiert bist, wünsche ich dir viel Erfolg!
… klasse Antwort …
Danke für den sehr guten Bericht. Allerdings hapert es mit diesen Zahlen etwas. Sie schreiben:
„In den USA werden 217 chinesische Unternehmen mit ca. 2,2 Billionen USD Marktkapitalisierung gehandelt, wovon ca. ein Drittel der Marktkapitalisierung allein auf Alibaba fällt.“
gleich darunter eine Tabelle mit der Angabe:
„Marktkapitalisierung 499,8 Milliarden €“
Anstatt ein Drittel wäre wohl ein Viertel näher dran gewesen 😉
Hallo Markus,
stimmt. Mittlerweile hat Alibaba ja etwas nachgelassen. Ich lasse das mal so stehen für die allgemeine Belustigung.
Frohes Neues!
Alibaba und viele andere Unternehmen aus dem chinesischen, russischen usw. Umfeld haben immer ein größeres Kursrisiko. Mit der entsprechenden Gewichtung der einzelnen Unternehmen kann man das aber locker aussitzen. China ohne Alibaba wird es genauso wenig geben wie die USA ohne Amazon. Die sind heute für die Versorgung der Bevölkerung nicht mehr verzichtbar.
Hallo Rene,
genau: auf die Mischung kommt es an, bzw. Diversifikation, wie der Fachmann sagt 🙂
LG!